Meine Zeit als Spieler

Eines denkwürdigen Tages unterhielten sich Kass und Beldas über eine mir bis dahin gänzlich unbekannte Gegend, die sich Magyra nannte. Sie sprachen über Abenteuer, die sie in der Nähe einer Stadt mit dem fremd klingenden Namen Tadmor erlebten. Neugierig geworden, erkundigte ich mich, wie man denn in diese Welt Einlass finden könne, in der es so viel zu entdecken gibt. Bald darauf fand ich mich als Gast in Gesellschaft einer schönen Frau an einem alles andere als geheimnisvoll aussehenden Bahnsteig auf dem Campus von Stuttgart. Allerdings gab es dort einen dunklen Tunnel, und nach einigen Momenten der Desorientierung befand ich mich in einer mittelalterlich aussehenden Kathedrale.

Unfähig, ein Wort über die Lippen zu bringen, sah ich den geschäftig umhereilenden Bewohnern dieser Welt zu. Als ich einem von ihnen in den Turm der Kathedrale folgte, war ich plötzlich eingesperrt. Nach einigem vergeblichen Umherirren verließ ich Magyra für eine kurze Weile.

Einige Zeit später erblickte eine neuer Spieler das Licht von Magyra, Horaz hieß er. Einer seiner ersten Wege führte ins Rathaus von Tadmor. Nachdem er sich in den Gildenbüros etwas umgesehen hatte, wählte er kurzentschlossen die einzige auffindbare Gilde, die Abenteurer. Dieser Gilde gehört er bis heute an. Bei einem kurzen Ausflug durch das Westtor traf er alsbald auf grimmige Orks, an die er sich für geraume Zeit nicht heran-, gescheige denn an ihnen vorbeitraute. Der Westteil Vaniorhs blieb so für lange Zeit ein unbekanntes Land.

Zurück in der Stadt waren (damals noch) Norbert und Nimia schnell entdeckt und bald auch besiegt. Bajunam half bei finanziellen Engpässen aus. Nach der ersten Nacht und orientierungslosem Herumirren hatte Horaz auch stets eine Fackel im Gepäck. Für das leibliche Wohl sorgte das Kloster und später, zu etwas Reichtum gekommen, auch Franz. Der Stadtpark (damals wohnten dort noch Gnome und Wölfe) diente der Leibesertüchtigung, der Schmied von Tadmor machte ein mehr als gutes Geschäft in dieser Zeit durch den Verkauf von Kurzschwertern.i

Wieder etwas mutiger geworden, durchschritt Horaz das Südtor und ließ sich zum einen oder anderen Spielchen beim Go-Spieler nieder. Der Adrenalinspiegel stieg wieder in ungesunde Höhen, als Horaz mit dem Auftrag eines Försters die Warnungen einer finsteren Macht am Rande des Düsterwaldes in den Wind schlug. Den bösen (und ziemlich vermögenden) Troll konnte Horaz noch gut überlisten (manche nennen es auch schnöde "vorbeirennen"). Die Wölfe, ein brauner und ein grauer, ließen sich aber nicht so einfach abhängen, trieben Horaz in eine Ecke und nur mit größter Not und arg zerschunden konnte er seine Haut noch einmal retten. Die Skelette im Wald waren eine deutliche Warnung gewesen.

Aber auch die Stadt war nicht ungefährlich. In einer verfallenen Seitenstraße stand Jaana rum. Jaana war zwar schon vergeben, aber trotzdem wurden Horaz und Jaana ein Herz und eine Seele, so dass die erfahrene Kriegerin den kleinen Spieler alsbald bei seinen Unternehmungen begleitete. Schnell waren einige finstere Schmuggler entdeckt, die sich angesichts der Überzahl jedoch nicht gleich ergaben, sondern stattdessen die Waffen zückten. Jaana kämpfte tapfer, und Horaz konnte sie nicht im Stich lassen. Plötzlich veränderte sich die Welt, ein Herr in schwarzer Robe erschien und bedeutete einem noch sichtlich ungläubigen Frischverstorbenen, ihm zu folgen. Aufgrund der Fürbitte eines Lars fand sich Horaz bald in der Kathedrale von Tadmor wieder. Um das Leben von Jaana fürchtend, rannte er schnurstracks zum Ort des Geschehens zurück, nicht wissend, daß er nach einer Wiedergeburt nicht im Vollbesitz seiner Kräfte war. Kurze Zeit später erschien der nun nicht mehr so unbekannte Herr in Schwarz erneut.

Nach einer Zeit der Besinnung und Wiedererlangung der Stärke machte sich Horaz in einer Muschel auf ins Märchenland. Diese wunderschöne Gegend ganz ohne Gefahren (das damalige Moor konnte noch unbeschadet durchquert werden, die Warnschilder waren eher ein Kinderschreck) hatte es Horaz sofort angetan, und alsbald hatte er einigen Bewohnern dort aus misslichen Lagen geholfen. Nun schon ein kleiner Held, kehrte er mit stolz geschwellter Brust nach Vaniorh zurück. Nun zog es ihn auch in die bisher gemiedenen westlichen Gegenden der Insel.

Später unternahm Horaz eine weitere Seereise zu den entfernten Kokosinseln. Zu dieser Zeit begann er auch, Berichte über die fernen Länder zu schreiben, daraus entstanden diese Seiten, die Du gerade liest.

Kurze Zeit nach Horaz manifestierte sich Garamon in Magyra, in einem früheren Leben ein hilfreicher Magier in Britannia (eines der ersten, wenn nicht das erste 3D-Rollenspiel: Ultima Underworld I). Er konnte von den durch Horaz angefertigten Reiseberichten profitieren und war bald stärker und geschickter im Umgang mit den Waffen. Auf seinen Reisen auf den Kokosinseln begegnete er Sisqui, die alsbald sein ständiger Begleiter werden sollte - an der Linde von Phexcaer kann man dies noch heute nachlesen. Sisqui wies ihm den Weg zu einem weiteren fernen Kontinent namens Dörrland. In den endlosen Weiten dieser wüsten und noch weitaus tierärmeren Insel kannte er bald jedes Sandkorn und überlebte viele gefährliche Abenteuer.

Anschließend durchquerte er die Ebenen und machte einen kurzen Ausflug nach Midgard. Dort irrte er aber reichlich planlos durch die Gegend, sein Orientierungssinn fand sich in dieser dichtbesiedelten Gegend noch nicht zurecht. Nachdem er die Oststraße wiedergefunden hatte, nahm er in Elfenhaven die nächstmögliche Fährverbindung und ward lang nicht mehr hier gesehen. Für eine Weile verließ Garamon sogar Magyra und trieb sich in Stuttgart sowie anderen Orten wie Erlangen, Mannheim und sogar Paris rum.

Auf der Suche nach dem kleinen Muck geriet Garamon nach Gallien. Gut auf eine längere Entdeckungstour vorbereitet, besuchte er die entlegensten Ecken und konnte die Gildenlosen mit über 100 erlegten Tamagotchis einem eigenen Gildenhaus in Lutetia ein gutes Stück näherbringen. Allerdings endete die Jagdsaison, bevor der erste Platz in greifbare Nähe gerückt war. Anscheinend hatte die exzessive Jagd auf die kleinen Plagegeister doch schon ernste Auswirkungen auf die Vermehrung der Population gehabt.

Keine ernsthaften Probleme bereiteten dann noch die Erkundungen der Nordischen Inseln, obwohl Orchid wegen des stockbesoffenen Manns im Ausguck des inzwischen erworbenen Vollschiffs "Abyss" fast unentdeckt geblieben wäre. Bei den Streifzügen durchs bitterkalte Veldergautland half ein Filzmantel gegen die schlimmsten Frostbeulen. Nach kurzer Skizzierung der Küstenlinie fiel Garamon fast in Ohnmacht, als er erste Ansätze göttlichen Wirkens zu erkennen vermeinte, da die Erschaffung Veldergautlands unmöglich auf unbeeinflußtes Zusammenwirken der magischen und nichtmagischen Naturkräfte zuruückzuführen sein konnte.

Nun schon weise geworden, war Midgard die letzte unerforschte Gegend. Nach einer Umsegelung, um die Größe dieses Kontinents einigermaßen abschätzen zu können, wagte sich Garamon zunächst in den Westteil und traf dort Zwerge und Elfen. Nachdem er auf den Spuren von Bilbo durchs Wiesenland gestreift war, sah er sich auch im Süden und hohen Norden und schließlich auch jenseits des Großen Gebirges im Osten von Midgard um.

Nach den Wanderungen durch Magyra, nun mit reichlich Erfahrungen ausgestattet (als schnöder Zahlenwert 197% - etwa 3% unter dem maximal zu dieser Zeit erreichbaren), war Garamon des Lebens eines einzelgängerischen Gildenlosen überdrüssig und trat bei den Sehern ein. Mit seinem leuchtenden Bergkristall stapfte er nun munter durch Gallien, hatte allerdings arge Probleme mit seinen Zauberkräften, um den Bergkristall auch umfassend nutzen zu können. Tief deprimiert sah er sich nach einer Alternative um, sagte Monakia Adé und wanderte in die düsteren Gebiete von Midgard.

Ein zähnefletschender Buckliger konnte Garamon überreden, von nun an nur noch vom Lebenssaft anderer Wesen zu leben. Kraft seiner Erfahrung war er sofort ein mächtiges Wesen, dessen Stärke nachts nur von einigen wenigen Metamorphern übertroffen wurde. Nun konnte er es den Stechmücken auch endlich mit gleicher Münze heimzahlen, die ihn in den Ebenen schon immer gepiesackt und zuvor bald das schöne glänzende Schwert besudelt hatten. Doch Garamon wollte kein Leben in der Finsternis und Dämmerung führen müssen und auch mal wieder das Leben in einer Stadt bei hellichtem Tag genießen können. Es gelang ihm, sein Leben zurückzuerhalten.

Allerdings waren noch Teile seiner Seele vom bösen untoten Leben gezeichnet. So waren nicht die Druiden seine nächste Station, sondern die Gilde der Diebe und Meuchler. Kleiner Taschendieb, der er nun geworden war, beklaute er die Stadtwache von Tadmor, um all die früheren, unter Zwang abgeführten Spenden wenigsten zum Teil wiederzuerlangen. Auch sah man ihn neuerdings mit einem Messer durch die Gegend schleichen. Letzte Missetat des gemeinen Diebes Garamon war es, im Anflug geistiger Umnachtung mit der Mooraxt durch Knossos zu laufen und fast komplett zu entvölkern. Bei einem Abstecher in den Hexenwald ließ die böse Axt auch Oma Bithra keine Chance, obwohl die sich vehement wehrte.

Schließlich konnte sich jedoch die bereits verloren geglaubte gute Seite durchsetzen. Die Diebesgilde sah bald nur noch ein langsam verwehendes Staubwölkchen von Garamon. Auf die Naturschönheiten des Hexenwaldes aufmerksam geworden (und von Bithras Zaubern mächtig beeindruckt), trat Garamon als kleiner Aspirant der Hexengilde bei und bewirkte fortan hauptsächlich gute Taten. Eine kleine Eule war sein zeitweiliger Begleiter, versank jedoch eines schlimmen Tages lautlos in den Fluten des Hafens von Tadmor. Für eine kurze Zeit war Garamon unbestätigten Gerüchten zufolge einer, wenn nicht der erfahrenste Spieler in UNItopia, nachdem Gimli dem irdischen Dasein entsagt hatte.

Horaz war unterdessen Engel geworden und tummelte sich meist in besiedelten Gegenden. Gelegentlich versorgte er die jungen Abenteurer mit Waffen und spendete großzügig in die Gildenkasse, alles in allem wohl eine halbe Million Taler. Nicht ganz so verspielt wie Garamon und auch mit den Waffen nicht so geschickt, konnte er seinen Zweitie jedoch nie wieder an Erfahrung übertreffen. Dafür merzte er 10 der 9 Ringgeister in Midgard aus, ließ bei diesen schauerlichen Kämpfen aber auch mehrmals sein eigenes Leben.

Schließlich fand Garamon nach längerer Suche in Lara Croft eine verständnisvolle Lehrmeisterin und ging in die Lehre. In Magyra ward er fortan nur noch gelegentlich gesehen. So sah sein letzter überlieferter Spielerausweis aus:

Spielerausweis
Besitzer : Garamon, der kühle Feger (heilig) Garamon hat 205 % der zum Engel werden nötigen Erfahrung, 250 Ausdauer-Punkte (250) und 244 Zauberpunkte (244). Seine Fähigkeiten sind: Staerke: 100 Intelligenz: 97 Ausdauer: 100 Geschicklichkeit: 99 Geburtstag: Montag 25. Juli 52 13:33:54 (Spielzeit) Alter: 58 Tage 15 Stunden

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